Mit Urteil vom 12.02.2021 hat das Landesarbeitsgericht Hamm noch einmal ausdrücklich festgestellt, dass nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers auch gleich eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers darstellt. Konfliktsituationen, die im Arbeitsleben üblich sind, würden auch bei längerer Fortdauer nicht bereits für sich gesehen die Tatbestandsvoraussetzungen einer unerlaubten Handlung oder eines Verstoßes gegen die Rücksichtnahmepflicht erfüllen. Es sei vielmehr aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, die das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers ausblendet, festzustellen, ob das beklagte Verhalten des Arbeitgebers rechtsfolgenlos bleibt, weil es sozial- und rechtsadäquat ist.
Im zugrunde liegenden Fall war der Kläger seit 1997 bei der Arbeitgeberin als gewerblicher Mitarbeiter in der Warenannahme beschäftigt. Die Arbeitgeberin hatte das Arbeitsverhältnis zunächst 2017 aus Krankheitsgründen gekündigt, da der Kläger in den Jahren 2014 an 26 Arbeitstagen, 2015 an 61 Arbeitstagen, 2016 an 106 Arbeitstagen und bis Ende August 2017 an 115 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt war. Hiergegen ging der Kläger gerichtlich vor und im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs verständigten sich die Parteien darauf, dass die Kündigung gegenstandslos sei und das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werde. Anschließend setzte die Arbeitgeberin den Kläger aber nicht nur in der Warenannahme, sondern auch als Kommissionierer ein.
Der Kläger litt an Rückenbeschwerden. Er forderte die Arbeitgeberin daher auf, ihn zumindest eine gewisse Zeit wieder im Wareneingang einzusetzen, da sich sein körperlicher und gesundheitlicher Zustand stabilisieren müsse. Bis Ende 2017 erhöhten sich seine Arbeitsunfähigkeitszeiten dann jedenfalls auch 196 Arbeitstage. In 2018 war er an 145 Arbeitstagen erkrankt und in 2019 an 96 Arbeitstagen. Im Jahr 2019 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag und im unmittelbaren Anschluss daran reichte der Kläger wiederum Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein, die bis zu seinem Urlaubsbeginn andauerten. Im Anschluss an den Urlaub reichte er weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein. Die Arbeitgeberin warf ihm daraufhin eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit vor und stellte die Zahlungen ein. Der Arbeitgeber verklagte seine Arbeitgeberin daraufhin im Jahr 2020 auf Zahlung einer Entschädigung vom mindestens € 5.000,00 wegen Mobbings.
Damit hatte er keinen Erfolg. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht wiesen seine Klage ab. Das Landesarbeitsgericht führte hierzu aus, es sei zu beachten, dass eben nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder ungerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers auch eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers darstelle. Konfliktsituationen, die im Arbeitsleben üblich seien, begründeten auch bei längerer Fortdauer keinen Entschädigungsanspruch. Der Arbeitgeber überschreitet die Grenze zum Mobbing erst, wenn seine Verhaltensweisen bezwecken und bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterung, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen werde. Das sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 12.02.2021, 1 Sa 1220/20