Entschuldigtes Fernbleiben von der Hauptverhandlung bei Auslandsaufenthalt

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Bußgeldbescheid
Bußgeldbescheid

Wer in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch einlegt, muss grundsätzlich zur Gerichtsverhandlung persönlich erscheinen. Man kann zwar einen Antrag auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen stellen. Dann muss man aber in jedem Fall zugeben, dass man die auf dem Foto abgebildete Person ist. Ist gerade dieser Punkt streitig, kommt man über kurz oder lang um ein Erscheinen vor Gericht nicht herum.

Etwas anderes kann sich aber dann ergeben, wenn sich der Betroffene längerfristig im Ausland aufhält. In einem dem Beschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken zugrunde liegenden Fall hatte der Betroffene gegen einen Bußgeldbescheid über € 680,00 nebst Fahrverbot Einspruch eingelegt. Zu einer am 18.11.2019 stattfindenden Hauptverhandlung wollte er aber nicht erscheinen, da er bereits am 19.09.2019 zu einem mehrmonatigen, bis Ende Juni 2020 geplanten Studienaufenthalt in die USA geflogen war. Sein Verteidiger stellte mehrfach Verlegungsanträge, die das Gericht jedoch ablehnte. Von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen wollte das Gericht den Betroffenen allerdings auch nicht entbinden, da die Ordnungswidrigkeit bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland hätte verjähren können. In der Verhandlung am 18.11.2019 wurde der Einspruch des Betroffenen dann verworfen, da dieser nicht zum Termin erschienen war.

Diese Entscheidung hat das Oberlandesgericht Zweibrücken aufgehoben. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts war das Ausbleiben des Betroffenen in der Hauptverhandlung genügend entschuldigt. Dabei sei zwar im Grundsatz davon auszugehen, dass die Pflicht, aufgrund richterlicher Anordnung zu einem bestimmten Termin vor Gericht zu erscheinen, der Regelung beruflicher oder privater Angelegenheiten grundsätzlich vorgehe. Nur unaufschiebbare Geschäfte oder berufliche Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung sowie private Interessen, deren Zurückstellung für den Betroffenen mit gravierenden, insbesondere wirtschaftlichen Nachteilen verbunden wäre, können dazu führen, dass die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Befolgung einer Ladung ausnahmsweise zurückzutreten habe. Im zugrunde liegenden Fall sei allerdings entscheidend, ob dem Betroffenen eine kurzzeitige Unterbrechung seines Auslandsaufenthaltes und die vorübergehende Rückkehr nach Deutschland zum Zwecke der Teilnahme an der Hauptverhandlung hätte zugemutet werden können. Das sei jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der – vor allem finanzielle – Aufwand für die Rückreise außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht und weder unter dem Gesichtspunkt eines drohenden Verlusts von Beweismitteln noch unter dem Gesichtspunkt einer drohenden Verfolgungsverjährung eine Hauptverhandlung vor dem geplanten Termin der Rückkehr nach Deutschland erforderlich sei.

Beschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 10.07.2020, 1 OWi 2 SsBs 57/20