Mehrere Krankheiten = mehrere Entgeltfortzahlungszeiträume?

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Im Falle einer Erkrankung ist der Arbeitgeber grundsätzlich bis zu 6 Wochen lang verpflichtet, das Entgelt weiterzuzahlen. Wie verhält es sich aber, wenn man wegen verschiedener Erkrankungen länger als 6 Wochen krankgeschrieben ist? Hier kommt es darauf an, ob die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits beendet war oder nicht. War die erste Erkrankung, deretwegen ein Arbeitnehmer krankgeschrieben wurde, bereits auskuriert und erkrankt er dann erneut, kann sich aufgrund dieser weiteren Erkrankung auch ein weiterer 6-wöchiger Entgeltfortzahlungszeitraum anschließen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht am 11.12.2019 entschieden. Im zugrunde liegenden Fall war die Klägerin zunächst vom 09. bis zum 25.01.2017 arbeitsunfähig erkrankt. Vom 26.01. bis zum 06.02.2017 hatte sie dann Urlaub. Seit dem 07.02.2017 war sie erneut arbeitsunfähig. Die Arbeitgeberin leistete sodann Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis einschließlich 20.03.2017. Danach erhielt die Klägerin aufgrund von Folgebescheinigungen ihrer Hausärzte, die ihr eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.05.2017 attestierten, Krankengeld. Am 19.05.2017 unterzog sich die Klägerin wegen einer Gebärmuttersenkung einer seit längerem geplanten Operation. Für die Zeit ab dem 19.05.2017 erhielt sie dann weder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vom Arbeitgeber noch wurde ihr seitens der Krankenkasse Krankengeld bewilligt. Sie verklagte daraufhin ihren Arbeitgeber auf Zahlung. Vor dem Arbeitsgericht hatte sie damit zunächst Erfolg. Der Arbeitgeber ging aber in die Berufung und das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und auch vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die Klägerin keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, dass die Klägerin nicht bewiesen hatte, dass die neue Erkrankung erst zu einem Zeitpunkt zu einer Arbeitsunfähigkeit geführt hat, zu dem die vorangegangene krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit bereits beendet war. Meldet sich ein Arbeitnehmer unmittelbar nach dem ersten Sechs-Wochen-Zeitraum erneut mit einer Erstbescheinigung krank und bestreitet der Arbeitgeber, dass Arbeitsunfähigkeit infolge der „neuen“ Krankheit erst jetzt eingetreten sei, hat der Arbeitnehmer als anspruchsbegründende Tatsache darzulegen und im Streitfall eben auch zu beweisen, dass die neue Arbeitsunfähigkeit erst zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits beendet war. Ist unstreitig oder bringt der Arbeitgeber gewichtige Indizien dafür vor, dass sich die Erkrankungen überschneiden, so ist der Beweiswert der dem Arbeitnehmer hinsichtlich der „neuen“ Krankheit ausgestellten „Erstbescheinigung“ erschüttert. Der Arbeitnehmer muss nunmehr für den Zeitpunkt der Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit wegen einer „früheren“ Krankheit vor Eintritt der neuerlichen Arbeitsverhinderung vollen Beweis erbringen. Dafür kann er beispielsweise die behandelnden Ärzte von der Verschwiegenheit entbinden und als Zeugen vernehmen lassen.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11.12.2019, 5 AZR 505/18