Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst? Vergütungsrechtliche Einordnung von ärztlichem Hintergrunddienst.

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Ob ein ärztlicher Hintergrunddienst als Rufbereitschaft oder als Bereitschaftsdienst zur vergüten ist, hängt nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.03.2021 davon ab, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch eine Vorgabe zwingt, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten, sodass faktisch eine Aufenthaltsbeschränkung vorliegt. Das gilt auch, wenn der ärztliche Hintergrunddienst mit einer Telefonbereitschaft verbunden ist.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Oberarzt sogenannte Hintergrunddienste abgeleistet. Während dieser Zeit war er verpflichtet, telefonisch erreichbar zu sein. Er war aber nicht verpflichtet, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Ferner gab es keinerlei Vorgaben, innerhalb welcher Zeitspanne er die Arbeit im Klinikum aufzunehmen hatte. Bei den Hintergrunddiensten konnte es sowohl zu Einsätzen in der Klinik als auch zu rein telefonischen Inanspruchnahmen kommen. Die rein telefonischen Inanspruchnahmen überwogen. Im Rahmen dieser telefonischen Inanspruchnahmen hatte der Oberarzt auch mögliche Organtransplantationsangebote der Stiftung Eurotransplant zu bearbeiten. Hierzu hatte er nach dem telefonischen Angebot aufgrund einer Vorgabe der Stiftung Eurotransplant innerhalb von 30 Minuten die mitgeteilten Daten bezüglich Spender, Organ, Patient und Dialysearzt zu prüfen, den in Frage kommenden Patienten sowie den zuständigen Dialysearzt telefonisch zu kontaktieren sowie gegenüber Eurotransplant zu erklären, ob das Organspendeangebot angenommen wird. Die dafür erforderlichen Informationen konnte er einem mitzuführenden Aktenordner entnehmen. Die Arbeitgeberin vergütete diese Hintergrunddienste als Rufbereitschaft. Der Oberarzt meinte indes, sie seien aufgrund der mit ihnen verbundenen Beschränkungen sowie der Anzahl und des zeitlichen Umfangs der tatsächlichen Inanspruchnahmen als Bereitschaftsdienst zu vergüten.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass die Hintergrunddienste als Rufbereitschaft zu vergüten waren. Entscheidend sei, ob der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei wählen könne oder nicht. Maßgeblich war dabei der Umfang der Aufenthaltsbeschränkung. Auch bei der Rufbereitschaft ist der Arbeitnehmer in der Wahl seines Aufenthaltsortes nicht völlig frei. Er darf sich entsprechend dem Zweck der Rufbereitschaft nur so weit vom Arbeitsort entfernt aufhalten, dass er die Arbeit dort alsbald aufnehmen kann. Diese Voraussetzung sah das Bundesarbeitsgericht beim Hintergrunddienst als gegeben an.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.03.2021, 6 AZR 264/20

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